Schon gehts los mit der ersten Frage, die mich erreicht hat.
Leif (26) hat mir geschrieben: Meine beste Freundin, die ich schon seit über 10 Jahren
kenne, war bisher "nur" mein bester Kumpel. Nach einem flotten Samstagabend mit Kino
und Barbesuch landeten wir dann auch im Bett. Es war wunderschön das meint sie
übrigens auch und wir haben den Sex genossen. Wir sind beide Singles und könnten
uns daher eine Wiederholung auch gut vorstellen. Ist das jetzt schon eine "Freundschaft
plus"? Und ab wann wird so etwas gefährlich?
Dr. Winter antwortet: Lieber Leif, vielen Dank für die interessante Frage. Die modernen
Formen von Beziehung und Partnerschaft sind genauso vielfältig wie wir Menschen auch.
Also sehr individuell. In Ordnung ist danach alles, was nicht illegal ist, allen Beteiligten
Spaß und Befriedigung bringt und vor allen Dingen einvernehmlich geschieht, also mit-
einander abgestimmt wurde. Davon gehe ich nach der positiven Schilderung des ge-
samten Abends bei euch selbstverständlich aus.
Wenn die Freundschaft auch jetzt bei euch noch im Vordergrund steht und erfüllender Sex
dazukommt, dann kann man ganz entspannt und durchaus von einer "Freundschaft plus"
sprechen. Es gibt sexuelle Beziehungen, die genau deshalb als "Freundschaft plus" so gut
funktionieren, weil sich die Partner*innen als Freunde bereits gut verstanden haben und
einander vertrauen können. Diese gemeinsame Basis gibt es bei einem One-Night-Stand,
dem berühmten "ONS", eben noch nicht.
Ab wann es gefährlich werden kann? Nun, dazu fallen mir besonders zwei Varianten ein:
Entweder man kehrt zur "normalen Freundschaft" zurück und verbucht die intime Zeit als ONS, oder aber es entsteht eine intime Peinlichkeit dadurch, dass sich die platonische
Freundschaft von früher nach dem sexuellen Abenteuer verändert. Manche bewerten
diese Erfahrung dann als "peinlich" "Wie konnte das denn nur passieren?" und gehen
sich anschließend aus dem Weg. Dieses Risiko sehe ich nach deinem Brief aber nicht.
Allerdings gibt es noch eine "Gefahr", die ich euch nicht verschweigen möchte: Ihr verliebt
euch ineinander. Aber was wäre daran schlimm? Vor allen Dingen deshalb, weil ihr aktuell
Singles seid, ihr euch vertraut und es "im Bett" ja bereits gut läuft. Aus diesen Gründen
kann es durchaus bei der "Freundschaft plus" vorkommen, dass es früher oder später
einfach "Klick" macht. Behaltet auch diesen Aspekt im Auge und sprecht immer mit-
einander über eure Bedürfnisse und Gefühle.
Und das bringt mich auch gleich zur zweiten Frage in dieser Ausgabe.
Petra (42) schildert mir das folgende Problem: Lieber Herr Dr. Winter, mit meinen 42
Jahren fühle ich mich wohl in meiner Haut, wirke auf Männer attraktiv und bin sexuell aktiv.
Mein neuer Partner ist sehr liebevoll, vorsichtig und sehr zurückhaltend. Für meinen
Geschmack etwas zu "schüchtern". Wissen Sie, was ich meine? Ich wünsche mir mehr
Aktivität und Experimentierfreude von ihm. Wie kann ich denn meine Wünsche deutlich
machen?
Dr. Winter antwortet: Liebe Petra, vielen Dank für Ihren Brief. Zunächst bewerte ich das
Verhalten Ihres Partners sehr positiv, weil er in Ihrer noch frischen Beziehung keine
Grenzen überschreiten möchte und sicher deshalb noch zurückhaltend bleibt. Aber Sie
haben die Antwort auf Ihre Frage bereits selbst formuliert: Wie kann ich meine Wünsche
deutlich machen? Indem Sie ihm diese Wünsche schildern und ehrlich mit Ihrem Partner
kommunizieren. Erotik und Sex sind vor allem eines: Kommunikation!
Natürlich weiß ich, dass besonders die Generationen vor uns über Sex und Intimität nicht
offen miteinander gesprochen haben. Das war lange Zeit ein großes Tabu. Heute, in einer
aufgeklärten und der Sexualität gegenüber aufgeschlossenen Zeit, sollte man und frau
auch darüber reden. Sonst können persönliche Wünsche und Bedürfnisse weder
ausgesprochen noch verwirklicht werden. Am Ende führen im schlimmsten Fall beide
Partner/innen eine sexuell unerfüllte Beziehung. Grundsätzlich sollten Sie und unsere
Leser/innen natürlich auch persönliche Phantasien mit dem Partner oder der Partnerin
vorher ansprechen. Bitte nicht erst während eines intensiven Vorspiels oder des Aktes,
wenn vorher nicht klar kommuniziert wurde, was konkret passieren soll, und alle
Beteiligten wollen, dass genau "das" auch passiert! Sonst wird es höchst unangenehm besonders juristisch, wenn sich auch nur eine Person bedrängt und zu einzelnen Sex-
spielen gedrängt oder gar genötigt fühlt.
Und wie genau soll ich es nun - vorher - ihr oder ihm gegenüber formulieren? Die kon-
kreten Wünsche und Vorlieben beim Namen nennen und deren Umsetzung beim Sexspiel
beschreiben. Vielleicht schauen Sie sich vorher und gemeinsam dazu einen Videoclip an,
besuchen einen Sexshop und deuten dort auf die passende Ecke, z. B. mit Reizwäsche,
hin: "Schatz, meinst Du, dass mir dieses Outfit steht? Macht dich das auch so an wie
mich?" Das war nur ein Beispiel von mir. Aber aus dem einen oder anderen, was wir
reizvoll finden, entsteht zunächst eine erotische Phantasie. Im besten Fall können wir
diese dann Wirklichkeit werden lassen.
Und warum fällt es uns immer noch schwer, besonders in einer Partnerschaft, darüber
offen zu sprechen? Weil uns oft genug noch die eigene Scham ausbremst, besonders zu
Beginn einer noch frischen Beziehung. Dann kommt auch die Angst dazu, die Partnerin
oder den Partner mit unseren konkreten Wünschen zu verletzen oder durch Ablehnung
selbst verletzt zu werden. Aber jede Beziehung lebt von guter Kommunikation und dem
ehrlichen Austausch. Daher auch mein Rat: Reden Sie mit Ihrem Partner über Ihre
Wünsche und Bedürfnisse vielleicht sind das ja auch seine erotischen Phantasien, von
denen Sie bisher noch gar nichts wussten.
Ihnen, liebe Petra, und allen Leser/innen, die sich dieselbe Frage gestellt haben, viel
Erfolg! Euer Dr. Winter
Senden Sie Ihre Fragen an Dr. Winter per Brief oder eMail an:
E-Mail:
drwinter@happyweekend-club.de